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vom 28.11.2019

30 Jahre Mauerfall – wir waren live dabei

© Augsutum-Annen-Gymnasium Görlitz

30 Jahre Mauerfall – wir waren live dabei

In den Bundestag fährt man auch nicht alle Tage, also lohnt es sich schonmal dafür, auch 4:30 Uhr am Bahnhof zu sein. Schließlich stand ein ganz besonderer 8. November für knapp 30 Schüler der 11. Klassen bevor. Glücklicherweise waren die Züge noch leer und trotz eines verpassten Zuges in Cottbus kamen wir mit Frau Schirmer und Herrn Gröll pünktlich halb acht am Berliner Hauptbahnhof an. Dort wurden wir, alle noch etwas verschlafen, von einem Mitarbeiter des sächsischen Ministerpräsidenten abgeholt. Nach einer Runde Croissants für alle waren wir soweit gestärkt, dass wir das kurze Stück bis zum Bundestag bewältigen konnten. Zuerst mussten wir alle die ausgiebige Sicherheitskontrolle über uns ergehen lassen, bevor wir endlich die Treppen des Reichstagsgebäudes hinaufschreiten konnten – wenngleich auch mit gefühlt hundert anderen Schulklassen. Bevor wir auf der Besuchertribüne platz nehmen konnten, stand jedoch eine kurze Belehrung an: Man wies uns unter anderem an, wach zu gucken, wenn die Kameras auf uns schwenken würden, was im Übrigen auch mehrfach passierte. Und dann ging es los.

Als Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble das Plenum betrat, erhoben wir uns alle, bevor der erste Redner zu sprechen begann. In den folgenden zwei Stunden hörten wir Redner aller Fraktionen zu den Geschehnissen des 9. Novembers 1989. Der Mauerfall, der Weg dorthin, aber auch das Zusammenwachsen nach der Wiedervereinigung war Thema. Dabei war es spannend, so viele verschiedene Meinungen und Wertungen zu ein und demselben Thema zu hören; ein Thema, von dem wir immer dachten, es wäre weniger kontrovers. Neben den interessanten Reden konnten wir natürlich auch den Ablauf und die Stimmung im Bundestag erleben. Besonders die Unruhe während der Beiträge der Politiker und die zum Teil sehr aggressiven Zwischenrufe während der Debatte waren auffallend. Auch Michael Kretschmer, der uns eingeladen hatte, hielt eine knapp siebenminütige Rede. Es war fast 11 Uhr, als die Debatte endete.

Im Foyer des Bundestages wurden wir anschließend von Michael Kretschmer abgeholt, der uns über die Keller des Reichstagsgebäudes in einen Konferenzraum der CDU/CSU-Fraktion brachte. Dort hatten wir die Möglichkeit, Fragen zu stellen – über die Debatte, die Arbeit des Ministerpräsidenten, aber auch zu aktuellen Ereignissen, wie dem Klimaabkommen oder die Infrastruktur im Osten. Während Michael Kretschmer und Marco Wanderwitz, parlamentarischer Staatssekretär, unsere Fragen beantworteten, gab es ein Mittagessen in lockerer Atmosphäre.

Wenn man über den 9. November spricht, dann muss man auch über den 9. November 1938 reden. Michael Kretschmer hatte die Reichspogromnacht in seiner Rede bereits erwähnt, sodass wir uns also auch mit dem negativen Teil dieses historischen Datums beschäftigten. Mit Herrn Kretschmer ging es nun also durch die abgesperrte Berliner Innenstadt (der US-Außenminister war zu Gast) zur Holocaustgedenkstätte nahe des Brandenburger Tors. Dort hatten wir eine exklusive Führung durch das unterirdische Museum, das uns das schreckliche Schicksal so vieler Menschen während der NS-Diktatur auf beeindruckende Weise näherbrachte. Leider hatten wir zu wenig Zeit, um alles genau auf uns wirken zu lassen.

Und schließlich war unser Tag auch schon fast rum. Nachdem wir uns von Herrn Kretschmer verabschiedet hatten ging es auch schon zurück zum Hauptbahnhof. Auf dem Weg dorthin sahen wir auch die Festmeile am Brandenburger Tor, das Symbol der deutschen Teilung. Halb drei fuhr schließlich unser Zug zurück nach Süden. Das Glück eines leeren Zuges, wie auf der Hinfahrt, hatten wir im Berliner Berufsverkehr leider nicht. Nach fast drei Stunden kamen wir 17.15 Uhr im beschaulichen Görlitz an. Alle waren müde, aber keiner bereute es, an dieser besonderen Exkursion teilgenommen haben.

 

von Jakob Gilg und Esther Brandt JGST 11